Schwindel beim Aufstehen

Niedriger Blutdruck und orthostatische Hypotonie verstehen und behandeln

Was ist Schwindel beim Aufstehen?

Schwindel beim Aufstehen entsteht, wenn der Blutdruck beim Übergang vom Liegen oder Sitzen zum Stehen zu stark abfällt. Das Gehirn wird kurzzeitig nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt, was zu Schwindel, Benommenheit oder manchmal sogar zu kurzer Bewusstlosigkeit führen kann. Diese Beschwerden zeigen sich oft schleichend und werden leicht als "normales Älterwerden" abgetan – sind aber behandelbar.

Wichtig zu wissen: Häufiger Schwindel beim Aufstehen ist nicht normal und sollte ernst genommen werden. Das Sturzrisiko steigt erheblich – frühzeitiges Handeln schützt Sie.

Warum ist das wichtig?

Schwindel beim Aufstehen mag harmlos erscheinen, kann aber ernste Folgen haben:

  • ⚠️
    Sturzgefahr: Das größte Risiko sind Stürze mit möglichen Knochenbrüchen, besonders Hüftfrakturen
  • 🧠
    Gehirndurchblutung: Wiederholte kurze Durchblutungsstörungen des Gehirns sollten vermieden werden
  • 😟
    Lebensqualität: Angst vor Stürzen schränkt die Mobilität und Selbstständigkeit ein
  • 💊
    Hinweis auf andere Probleme: Kann auf Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten hinweisen

Die gute Nachricht: Früh reagieren bedeutet, Stürze zu verhindern und Lebensqualität zu erhalten. Die meisten Beschwerden lassen sich mit einfachen Maßnahmen deutlich verbessern.

Typische Anzeichen und Symptome

Die Beschwerden treten typischerweise beim Aufstehen aus dem Liegen oder nach längerem Sitzen auf:

Häufige Symptome:

  • • Schwindel oder Benommenheit
  • • Schwarzwerden vor den Augen
  • • Unsicherer Gang, Schwanken
  • • Schwächegefühl in den Beinen
  • • Verschwommenes Sehen
  • • Ohrensausen
  • • Übelkeit
  • • Müdigkeit und Abgeschlagenheit

⚠️Alarmzeichen:

  • • Bewusstseinsverlust (Ohnmacht)
  • • Stürze
  • • Brustschmerzen
  • • Herzrasen oder unregelmäßiger Puls
  • • Starke Kopfschmerzen
  • • Atemnot

Bei diesen Symptomen sofort den Arzt kontaktieren oder den Notruf 112 wählen!

💡 Viele bemerken erst etwas, wenn der Schwindel häufiger auftritt oder bereits zu einem Sturz geführt hat. Nehmen Sie auch leichte Beschwerden ernst – sie sind ein Warnsignal Ihres Körpers.

So wird es festgestellt (Diagnose)

Die Diagnose einer orthostatischen Hypotonie erfolgt meist in mehreren Schritten:

Beim Arzt:

  • 1.Schellong-Test: Blutdruck und Puls werden im Liegen, direkt nach dem Aufstehen und nach einigen Minuten im Stehen gemessen
  • 2.Anamnese: Befragung zu Beschwerden, Medikamenten, Trinkgewohnheiten und Begleiterkrankungen
  • 3.EKG: Herzrhythmusstörungen ausschließen
  • 4.Blutuntersuchung: Anämie (Blutarmut), Elektrolyte, Nierenwerte prüfen
  • 5.Langzeit-Blutdruckmessung: Bei unklaren Fällen über 24 Stunden

Selbstbeobachtung zu Hause:

Sie können selbst wichtige Hinweise sammeln:

  • • Messen Sie Ihren Blutdruck im Liegen und 1-3 Minuten nach dem Aufstehen
  • • Notieren Sie, wann der Schwindel auftritt (morgens, nach Mahlzeiten, bei Wärme?)
  • • Dokumentieren Sie alle Medikamente, die Sie einnehmen
  • • Beobachten Sie, wie viel Sie täglich trinken

Blutdruck-Orientierungswerte:

SituationSystolischDiastolischBedeutung
Normal im Liegen100-140 mmHg60-90 mmHgNormaler Ruhewert
Niedriger Blutdruck< 100 mmHg< 60 mmHgKann Beschwerden verursachen
Abfall beim Aufstehen> 20 mmHg Abfall> 10 mmHg AbfallOrthostatische Hypotonie

* Diese Werte dienen zur Orientierung. Ihr Arzt berücksichtigt Ihre individuelle Situation.

Was kann ich selbst tun? (Alltagsmaßnahmen)

Viele einfache Maßnahmen können Schwindel beim Aufstehen deutlich reduzieren:

💧

Ausreichend trinken

Flüssigkeitsmangel ist eine Hauptursache für niedrigen Blutdruck.

  • • Mindestens 1,5-2 Liter täglich trinken
  • • Am besten Wasser, ungesüßter Tee
  • • Morgens ein großes Glas Wasser trinken
  • • Bei Hitze mehr trinken
  • • Trinkflasche als Erinnerung bereithalten
🧂

Mehr Salz (nach Rücksprache)

Bei niedrigem Blutdruck kann mehr Salz helfen.

  • • Nicht bei Bluthochdruck oder Herzschwäche!
  • • Mit dem Arzt besprechen
  • • Salzhaltige Brühe am Morgen
  • • Leicht gesalzene Snacks
  • • Nicht übertreiben: 5-10g täglich reichen
🛏️

Langsam aufstehen

Die wichtigste Verhaltensregel überhaupt.

  • • Erst im Bett aufsetzen, 1 Minute warten
  • • Beine über die Bettkante hängen lassen
  • • Langsam aufstehen, festhalten
  • • Nicht abrupt vom Sofa aufspringen
  • • Bei Schwindel sofort wieder hinsetzen
🧦

Kompressionsstrümpfe

Verhindern, dass Blut in den Beinen versackt.

  • • Kniehohe oder hüfthohe Strümpfe (Klasse 2)
  • • Vom Arzt verschreiben lassen
  • • Morgens noch im Liegen anziehen
  • • Tagsüber tragen, nachts ausziehen
  • • Deutliche Verbesserung bei vielen Betroffenen
🏃‍♂️

Bewegung & Training

Stärkt Kreislauf und Muskulatur.

  • • Täglich 15-30 Minuten Bewegung
  • • Spazierengehen, Radfahren, Schwimmen
  • • Beinmuskulatur trainieren (Wadenheben)
  • • Nicht bei akutem Schwindel Sport treiben
  • • Regelmäßigkeit ist wichtiger als Intensität
🍽️

Mahlzeiten anpassen

Große Mahlzeiten können Blutdruck senken.

  • • Mehrere kleine Mahlzeiten statt weniger großer
  • • Nach dem Essen hinsetzen/hinlegen
  • • Weniger Kohlenhydrate auf einmal
  • • Kaffee zum Frühstück kann helfen
  • • Alkohol meiden (senkt Blutdruck stark)
🌡️

Hitze meiden

Wärme erweitert Blutgefäße und senkt den Blutdruck.

  • • Heiße Bäder/Duschen vermeiden
  • • Sauna nur nach Rücksprache
  • • Im Sommer mehr trinken
  • • Kühle Tageszeiten für Aktivitäten nutzen
  • • Wechselduschen trainieren den Kreislauf
🛌

Kopfteil hochstellen

Kann morgendlichen Schwindel reduzieren.

  • • Kopfteil des Bettes 10-15 cm erhöhen
  • • Mit Holzklötzen unter den Füßen
  • • Nicht nur mit Kissen (Rückenschmerzen!)
  • • Gewöhnung dauert einige Tage
  • • Hilft dem Körper, sich anzupassen

Tipp: Beginnen Sie mit 2-3 Maßnahmen, die Ihnen am leichtesten fallen. Wenn diese zur Gewohnheit geworden sind, fügen Sie weitere hinzu. Jede kleine Verbesserung zählt!

Umgang im Alltag

📋Beschwerden dokumentieren

Ein Tagebuch hilft, Muster zu erkennen:

  • • Wann tritt der Schwindel auf? (Uhrzeit)
  • • In welcher Situation? (Nach Aufstehen, nach Essen)
  • • Wie stark? (1-10 Skala)
  • • Wie lange hält er an?
  • • Was hatten Sie vorher gegessen/getrunken?
  • • Welche Medikamente eingenommen?
  • • Blutdruckwerte im Liegen und Stehen

👨‍⚕️Fragen für den Arzttermin

Bereiten Sie sich gut vor:

  • • Welche Ursache hat mein Schwindel?
  • • Sind weitere Untersuchungen nötig?
  • • Können meine Medikamente angepasst werden?
  • • Welche Maßnahmen helfen am besten?
  • • Brauche ich Kompressionsstrümpfe?
  • • Wann sollte ich wiederkommen?
  • • Was tun bei plötzlich starkem Schwindel?
  • • Gibt es Sportarten, die ich meiden sollte?

🏠Sturzprävention zu Hause

Machen Sie Ihr Zuhause sicherer:

  • • Stolperfallen entfernen (Teppiche, Kabel)
  • • Haltegriffe im Bad anbringen
  • • Nachts Licht anlassen
  • • Rutschfeste Matten in Dusche/Badewanne
  • • Telefon in Reichweite haben
  • • Bei Bedarf Hausnotruf installieren
  • • Festes Schuhwerk tragen (keine Pantoffeln)

📱Erinnerungshilfen

Unterstützung im Alltag:

  • • Wecker zum Trinken stellen
  • • Trinkflasche immer sichtbar platzieren
  • • Notizzettel: "Langsam aufstehen!"
  • • Medikamenten-App nutzen
  • • Angehörige einbinden
  • • Regelmäßige Arzttermine eintragen

Tipp: Informieren Sie auch Angehörige und Freunde über Ihre Beschwerden. Sie können im Notfall helfen und Sie daran erinnern, langsam aufzustehen.

Häufige Fragen und Sorgen

Ist Schwindel beim Aufstehen normal im Alter?

Gelegentlicher leichter Schwindel beim schnellen Aufstehen kann vorkommen, sollte aber nicht zur Regel werden. Häufiger oder starker Schwindel ist nicht normal und sollte ärztlich abgeklärt werden, da er auf behandelbare Ursachen hinweisen kann.

Muss ich mit diesem Schwindel einfach leben?

Nein, in den meisten Fällen lässt sich Schwindel beim Aufstehen deutlich verbessern. Durch einfache Verhaltensänderungen, ausreichend trinken und langsames Aufstehen können viele Beschwerden bereits gelindert werden. Ihr Arzt kann zudem Medikamente anpassen, die möglicherweise den Schwindel verstärken.

Wie oft sollte ich meinen Blutdruck kontrollieren?

Bei häufigem Schwindel empfiehlt sich eine tägliche Messung zu verschiedenen Zeiten, besonders nach dem Aufstehen. Dokumentieren Sie auch, wann der Schwindel auftritt. Nach Stabilisierung reichen wöchentliche Kontrollen oft aus. Ihr Arzt gibt Ihnen individuelle Empfehlungen.

Kann niedriger Blutdruck gefährlich sein?

Niedriger Blutdruck ist meist weniger gefährlich als Bluthochdruck, kann aber durch Schwindel und Stürze zu Verletzungen führen. Das Sturzrisiko ist besonders im Alter ernst zu nehmen. Mit den richtigen Maßnahmen lässt sich dieses Risiko deutlich senken.

Welche Medikamente können Schwindel verstärken?

Viele Medikamente können Schwindel beim Aufstehen verstärken, darunter Blutdrucksenker, Antidepressiva, Beruhigungsmittel und manche Parkinson-Medikamente. Setzen Sie Medikamente nie eigenständig ab, sondern sprechen Sie mit Ihrem Arzt über mögliche Anpassungen.

Hilft Kaffee gegen niedrigen Blutdruck?

Ja, Koffein kann den Blutdruck kurzfristig erhöhen. Eine Tasse Kaffee zum Frühstück kann bei manchen Menschen helfen, morgendlichen Schwindel zu reduzieren. Die Wirkung hält aber nur 1-2 Stunden an. Übertreiben Sie es nicht – mehr als 3-4 Tassen täglich sind nicht empfehlenswert.

Was soll ich tun, wenn ich bereits gestürzt bin?

Nach einem Sturz sollten Sie zeitnah zum Arzt gehen, auch wenn Sie sich nicht verletzt fühlen. Der Arzt kann mögliche Verletzungen ausschließen und die Ursache des Sturzes untersuchen. Häufige Stürze sind ein Warnsignal und sollten ernst genommen werden.

Quellen und Aktualität

Letzte Überprüfung: November 2025

Nächste Aktualisierung geplant: Mai 2026

Quellen:

  • • Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
  • • European Society of Cardiology (ESC) Guidelines
  • • Deutsche Hochdruckliga e.V.
  • • Robert Koch Institut (RKI)
  • • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
  • • Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG)
  • • Leitlinie "Synkopen" der Deutschen Gesellschaft für Neurologie

ℹ️Wichtiger Hinweis

Die Informationen auf dieser Seite dienen der allgemeinen Aufklärung. Sie ersetzen keine ärztliche Beratung oder Behandlung. Jeder Mensch ist anders – was für den einen gilt, muss nicht für alle gelten. Bei Fragen zu Ihrer Gesundheit wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Ihre Ärztin. Im Notfall (z.B. bei Bewusstlosigkeit oder starken Brustschmerzen) rufen Sie die 112.