Rückenschmerzen und Bandscheibenprobleme
Rückenschmerzen sind sehr häufig im Alter. Hier erfahren Sie, was die Ursachen sind, wie Sie die Schmerzen lindern und was wirklich hilft, um aktiv zu bleiben.
Was sind Rückenschmerzen?
Rückenschmerzen sind Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule – vom Nacken bis zum Kreuzbein. Am häufigsten betroffen ist der untere Rücken (Lendenwirbelsäule). Man unterscheidet zwischen akuten Schmerzen (unter 6 Wochen), subakuten (6-12 Wochen) und chronischen Schmerzen (über 12 Wochen).
💡Wie häufig sind Rückenschmerzen?
Etwa 85% aller Menschen haben mindestens einmal im Leben Rückenschmerzen. Bei über 60-Jährigen sind chronische Rückenschmerzen besonders häufig. Die gute Nachricht: Bei den meisten sind die Schmerzen unspezifisch und harmlos – auch wenn sie sich nicht so anfühlen!
Häufige Ursachen im Alter
💿Verschleiß der Bandscheiben (Degeneration)
Die Bandscheiben sind „Stoßdämpfer" zwischen den Wirbelkörpern. Mit zunehmendem Alter verlieren sie Flüssigkeit und werden dünner.
Dies ist ein normaler Alterungsprozess und bedeutet nicht automatisch Schmerzen!
🔴Bandscheibenvorfall (Prolaps)
Ein Teil der Bandscheibe tritt aus und kann auf Nerven drücken. Symptome: Schmerzen, die ins Bein ausstrahlen (Ischias), eventuell Kribbeln oder Taubheitsgefühl.
Wichtig: Die meisten Vorfälle heilen von selbst aus!
🔽Spinalkanalstenose
Verengung des Wirbelkanals durch Verschleiß, Verdickung von Bändern oder Wirbelgelenken. Typisch: Schmerzen in beiden Beinen beim Gehen, Besserung beim Vornüberbeugen.
Häufig bei über 70-Jährigen.
🦴Wirbelgelenksarthrose (Facettensyndrom)
Verschleiß der kleinen Wirbelgelenke. Führt zu lokalen Rückenschmerzen, die sich bei Bewegung verschlimmern.
💪Muskelverspannungen
Die häufigste Ursache! Durch Bewegungsmangel, Fehlhaltungen, Stress oder einseitige Belastung verspannt die Rückenmuskulatur.
📉Osteoporose (Knochenschwund)
Kann zu Wirbelkörperbrüchen (Kompressionsfrakturen) führen, die Rückenschmerzen verursachen.
Wichtig zu wissen
In etwa 85% der Fälle sind Rückenschmerzen „unspezifisch" – das heißt, es lässt sich keine eindeutige strukturelle Ursache finden. Das ist aber kein Grund zur Sorge! Diese Schmerzen sind in der Regel harmlos und gut behandelbar durch Bewegung und Kräftigung.
Warum ist das wichtig?
Chronische Rückenschmerzen können Ihr Leben stark einschränken. Sie führen oft zu Bewegungsangst, sozialer Isolation und Verlust der Selbstständigkeit. Der Teufelskreis: Schmerz → Schonung → Muskelschwäche → mehr Schmerz.
⚠️Folgen von Schonung
- • Muskelschwäche und -abbau
- • Steifigkeit der Wirbelsäule
- • Verstärkung der Schmerzen
- • Angst vor Bewegung
- • Verlust von Fitness
- • Soziale Isolation
- • Depression möglich
✅Vorteile aktiver Behandlung
- • Weniger Schmerzen
- • Bessere Beweglichkeit
- • Starke Rumpfmuskulatur
- • Erhalt der Selbstständigkeit
- • Gute Lebensqualität
- • Teilnahme am sozialen Leben
- • Selbstvertrauen
💪Die gute Nachricht
Sie haben es selbst in der Hand! Bewegung und gezielte Rückenübungen sind die beste Behandlung. Die meisten Menschen mit Rückenschmerzen können durch aktives Training deutliche Besserung erreichen und ein normales Leben führen.
Welche Symptome gibt es?
Die Symptome hängen von der Ursache ab:
📍Lokale Rückenschmerzen
Schmerzen, die auf den Rücken beschränkt bleiben.
- • Dumpfer oder stechender Schmerz
- • Bewegungsabhängig
- • Verspannungsgefühl
- • Morgens oft steifer Rücken
- • Besserung durch Bewegung oder Wärme
⚡Ausstrahlende Schmerzen (Ischialgie)
Bei Nervenreizung (z.B. Bandscheibenvorfall) strahlen Schmerzen ins Bein aus.
- • Schmerzen ziehen ins Gesäß und Bein
- • Elektrisierende, brennende Schmerzen
- • Kribbeln oder Taubheitsgefühl
- • Schwächegefühl im Bein
- • Verstärkung beim Husten oder Pressen
🚶Claudicatio spinalis (Spinalkanalstenose)
Typisch bei Verengung des Wirbelkanals:
- • Schmerzen in beiden Beinen beim Gehen
- • Schwere- und Schwächegefühl in den Beinen
- • Besserung beim Hinsetzen oder Vornüberbeugen
- • Beim Fahrradfahren oft keine Probleme
🚨Warnzeichen – sofort zum Arzt!
Bei folgenden Symptomen sollten Sie umgehend einen Arzt aufsuchen:
- • Lähmungserscheinungen (Fußheberschwäche)
- • Taubheit im Genital-/Analbereich („Reithosenanästhesie")
- • Blasen- oder Darmentleerungsstörungen
- • Starker Nachtschmerz, der Sie weckt
- • Ungewollter Gewichtsverlust
- • Fieber zusammen mit Rückenschmerzen
Dies können Zeichen einer ernsthaften Erkrankung sein!
Wie wird die Diagnose gestellt?
💬Anamnese (Gespräch)
Der Arzt fragt nach:
- • Seit wann bestehen die Schmerzen?
- • Wo genau schmerzt es?
- • Strahlen Schmerzen aus?
- • Was macht die Schmerzen besser/schlimmer?
- • Gab es einen Auslöser?
- • Begleitende Symptome?
🩺Körperliche Untersuchung
- • Betrachtung der Haltung und Beweglichkeit
- • Abtasten der Wirbelsäule
- • Bewegungstests (Vorbeugen, Seitneigung, Drehung)
- • Nerventests (Reflexe, Kraft, Sensibilität)
- • Lasègue-Test (Bein heben bei Nervenwurzelreizung)
📸Bildgebung
Wichtig: Bildgebung ist nicht immer nötig! Bei unspezifischen Rückenschmerzen ohne Warnzeichen wird zunächst 4-6 Wochen konservativ behandelt.
- • Röntgen: Zeigt Knochenstrukturen, Wirbelkörper, Skoliose
- • MRT: Beste Darstellung von Bandscheiben, Nerven, Weichteilen
- • CT: Bei Knochenveränderungen, wenn MRT nicht möglich
Beachten Sie: Viele Veränderungen im MRT (Bandscheibenvorfälle, Verschleiß) sind normal im Alter und machen oft keine Beschwerden!
Was kann ich selbst tun?
Das Wichtigste: Bleiben Sie aktiv! Bewegung ist die beste Medizin bei Rückenschmerzen.
1. In Bewegung bleiben
Keine Bettruhe! Bleiben Sie so aktiv wie möglich.
- • Normale Alltagsaktivitäten fortsetzen
- • Spazieren gehen
- • Leichte Hausarbeit
- • Regelmäßig aufstehen und bewegen
Motto: Bewegen Sie sich innerhalb der Schmerzgrenze – es darf ziehen, sollte aber nicht unerträglich sein.
2. Rückengymnastik
Gezielte Übungen zur Kräftigung und Dehnung:
- • Bauch- und Rückenmuskulatur stärken
- • Dehnübungen für verkürzte Muskeln
- • Übungen für die Rumpfstabilität
- • Täglich 15-20 Minuten
Lassen Sie sich die richtigen Übungen von einem Physiotherapeuten zeigen!
3. Rückenfreundlicher Sport
Diese Sportarten sind besonders gut:
- • Schwimmen: Entlastet die Wirbelsäule
- • Radfahren: Stärkt die Rückenmuskulatur
- • Walking: Sanftes Ausdauertraining
- • Yoga/Pilates: Kräftigung und Beweglichkeit
- • Aquagymnastik: Gelenkschonend im Wasser
4. Wärme
Wärme entspannt verspannte Muskeln:
- • Wärmflasche oder Körnerkissen
- • Warmes Bad
- • Wärmepflaster
- • Fangopackung
- • Rotlicht (15-20 Minuten)
Achtung: Bei akuter Entzündung (Überwärmung, Schwellung) besser Kälte verwenden!
5. Rückengerechtes Verhalten
Im Alltag den Rücken schonen:
- • Heben: In die Hocke gehen, Rücken gerade, Bauch anspannen
- • Tragen: Last nah am Körper, beidseitig verteilen
- • Sitzen: Aufrecht, Hüfte höher als Knie, dynamisch sitzen
- • Stehen: Nicht lange in einer Position, Gewicht verlagern
- • Bücken: In die Knie gehen statt Rücken runden
6. Stress reduzieren
Stress verstärkt Muskelverspannungen:
- • Entspannungstechniken lernen
- • Progressive Muskelentspannung
- • Atemübungen
- • Meditation oder Achtsamkeit
- • Ausreichend Schlaf
- • Schöne Aktivitäten einplanen
7. Normalgewicht halten
Übergewicht belastet die Wirbelsäule zusätzlich:
- • Jedes Kilo weniger entlastet den Rücken
- • Gesunde, ausgewogene Ernährung
- • Langsam abnehmen (0,5-1 kg/Woche)
- • Bewegung unterstützt das Abnehmen
8. Gute Schlafposition
Rückenfreundlich schlafen:
- • Rückenlage: Kissen unter die Knie legen
- • Seitenlage: Kissen zwischen die Knie
- • Bauchlage: Besser vermeiden (verdreht die Wirbelsäule)
- • Matratze nicht zu weich, nicht zu hart
- • Flaches Kopfkissen für die Halswirbelsäule
Wie lebe ich damit im Alltag?
💼Arbeitsplatz ergonomisch gestalten
- • Stuhlhöhe: Füße flach auf dem Boden, Knie 90°
- • Bildschirm auf Augenhöhe
- • Tastatur und Maus nah am Körper
- • Jede Stunde aufstehen und bewegen
- • Dynamisches Sitzen (Position wechseln)
🚗Autofahren
- • Sitz richtig einstellen: aufrecht, Knie leicht angewinkelt
- • Lendenstütze nutzen
- • Bei langen Fahrten: alle 2 Stunden Pause mit Bewegung
- • Ein-/Aussteigen: erst hinsetzen, dann Beine nachziehen
🏋️Was Sie meiden sollten
- • Langes Stehen oder Sitzen
- • Schweres Heben (über 10-15 kg)
- • Ruckartige Bewegungen
- • Übermäßige Verdrehungen der Wirbelsäule
- • Extreme Rückbeugung
🏥Physiotherapie nutzen
- • Manuelle Therapie zur Mobilisation
- • Krankengymnastik zum Muskelaufbau
- • Anleitung zu Eigenübungen für zuhause
- • Massagen bei Verspannungen
- • Rückenschule (in Gruppen)
💪Langfristig denken
Rückenschmerzen kommen oft wieder. Aber: Wenn Sie dauerhaft am Ball bleiben mit Ihren Übungen, können Sie die Abstände zwischen den Schmerzphasen deutlich verlängern und die Intensität reduzieren. Regelmäßiges Training ist der Schlüssel!
Häufige Fragen
Soll ich bei Rückenschmerzen im Bett bleiben?
Nein! Früher wurde Bettruhe empfohlen, heute wissen wir: Bewegung ist besser. Bleiben Sie so aktiv wie möglich, auch wenn es am Anfang wehtut. Längere Bettruhe verzögert die Heilung und schwächt die Muskulatur. Kurze Ruhepausen sind okay, aber dann wieder aufstehen und bewegen.
Muss ich bei einem Bandscheibenvorfall operiert werden?
In den meisten Fällen nicht! Etwa 90% der Bandscheibenvorfälle heilen von selbst aus. Eine Operation ist nur nötig bei: starken Lähmungserscheinungen, Blasen-/Darmproblemen oder wenn nach 6-12 Wochen konservativer Therapie keine Besserung eintritt.
Welche Matratze ist die richtige bei Rückenschmerzen?
Es gibt nicht DIE perfekte Matratze für alle. Wichtig ist: Die Matratze sollte nicht zu weich und nicht zu hart sein. Die Wirbelsäule sollte in Seitenlage gerade liegen. Am besten probieren Sie verschiedene Matratzen aus. Viele Händler bieten Probeschlafen an.
Helfen Spritzen bei Rückenschmerzen?
Spritzen (z.B. mit Kortison oder örtlichen Betäubungsmitteln) können kurzfristig Schmerzen lindern und die Beweglichkeit verbessern. Sie beheben aber nicht die Ursache. Wichtig ist die Kombination mit Bewegungstherapie und Kräftigung der Rückenmuskulatur.
Kann ich mit Rückenschmerzen Sport machen?
Ja, unbedingt! Sport ist sogar sehr wichtig. Geeignet sind: Schwimmen, Radfahren, Walking, Yoga, Pilates, Rückenschule. Vermeiden Sie ruckartige Bewegungen und schweres Heben. Fangen Sie langsam an und steigern Sie sich allmählich.
Quellen und Aktualität
Dieser Artikel basiert auf aktuellen medizinischen Leitlinien und wissenschaftlichen Erkenntnissen:
Verwendete Quellen:
- • Nationale VersorgungsLeitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz, AWMF-Register Nr. nvl-007, Stand 2023
- • Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie: Leitlinie Lumbaler Bandscheibenvorfall, Stand 2021
- • American College of Physicians: Clinical Guidelines for Low Back Pain, 2024
- • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Gesundheitsinformationen zu Rückenschmerzen
Letzte Aktualisierung: Januar 2025
Nächste Überprüfung geplant: Januar 2026
⚕️Medizinischer Hinweis
Die Informationen auf dieser Seite dienen der allgemeinen Aufklärung über Rückenschmerzen. Sie ersetzen keine persönliche ärztliche Beratungund sind nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung gedacht.
Bei gesundheitlichen Beschwerden oder Fragen zu Ihrer Behandlung konsultieren Sie bitte immer Ihren Arzt oder Physiotherapeuten.
Wichtig: Ändern Sie niemals eigenmächtig Ihre Medikation. Bei Warnzeichen (siehe oben) suchen Sie umgehend einen Arzt auf.